Montag, 30. Juni 2014

Angstzustände - ein Handbuch

Ich habe mir gedacht, dass es mal an der Zeit ist, besondere Zustände zu beschreiben, aufzuklären und den richtigen Umgang damit schildern.
Und -suprise- es gibt keinen richtigen Umgang damit.
Ich möchte an dieser Stelle alles in zwei Gruppen unterteilen. In Betroffene und Beteiligte im Sinne von Zeugen.
Die wahrscheinlich wichtigste Info für Beteiligte ist, dass Betroffene mit der Situation umzugehen zu wissen.
Kurz im Vorraus ein paar biologische Fakten:
Was passiert eigentlich bei einer Panikattacke bzw. was haben/spüren die Betroffenen?
- starker, plötzlicher Adrenalinausstoß, der Druck auf den Brustkorb ausübt bzw. dieses Gefühl produziert
- kalte Hände/Füße, da für den Adrenalintransport viel Blut benötigt wird und die Extremitäten auf "Reserve" schalten - trotzdem sind kalte Hände ein scheiß Gefühl
- Hyperventilation: generell legt sich der Fokus beziehungsweise die Beachtung bei solchen Panikattacken auf Körperfunktionen, die normalweise keinen Bedacht brauchen. Ein Betroffener atmet meist verstärkt ein und gepresst und zu wenig aus. Dadurch steigt die Sauerstoffkonzentration im Blut, da in der Lunge ein Austausch durch eine halbdurchlässige Membran von Kohlenstoffdioxid und Sauerstoff stattfindet. Sauerstoff gelangt in den Blutkreislauf und CO2 sollte ausgeatmet werden. Da bei einer Hyperventilation weniger ausgeatmet wird als ein, sinkt die Kohlenstoffdioxid Konzentration im Blut und der pH Wert des Blutes sinkt. Um hier nicht schlau daher zu reden eine Zusammenfassung: Hyperventilieren ist scheiße und ungesund.
- bei den meisten Betroffenen kommen spezifische Symptome dazu, wie zB. Bauchschmerzen, Bauchkrämpfe, Übelkeit, Herzrasen, Kopfschmerzen etc.
- Taubheitsgefühle: wie oben schon erwähnt wird das Blut für den Adrenalintransport gebraucht und wie kennt man es so schön aus schlechten Dokumentationen? Zehen, Finger und Nasen frieren ab. Wenn etwas nicht gut durchblutete wird, funktioniert die Reizweiterleitung an den Synapsen auch nicht gut. Lehnt man sich lange auf eine Hand und schnürt somit die Blutzufuhr ab, und die Hand wird taub. Das Gefühl ich einfach unangenehm und extrem nervig.

So viel zu verschiedenen biologischen Hintergründen. Das größte Problem ist meiner Meinung nach, dass viele nicht verstehen, dass psychische Probleme sich körperliche in einer Form äußern, die man nicht sieht. Psychische Probleme sieht man halt nicht und deshalb ist es für viele umso schwerer zu verstehen.
Viele denken, dass Betroffene nach Verständnis dursten. So ist es aber nicht immer. Respekt und Verständnis sind zwei verschiedene Dinge. Man wünscht sich Akzeptanz und Respekt für seine Probleme. Man möchte einfach, dass die Menschen, die doofe Sprüche oder keinen Respekt haben sich einfach aus den Problemen raushalten.
Wo ich schon beim nächsten Thema wäre: raushalten.
Es kommen oft die Fragen auf "Was soll ich tun?" "Kann ich dir irgendwie helfen". Nope. Nur, wenn man ausdrücklich drum bittet. Auch hier ist es wieder total spezifisch. Die einen brauchen jemand, der mit einem redet, andere brauchen totale Ruhe. Den einen hilft Musik, den anderen der Fernsehr als Ablenkung. Wichtig ist, dass man WENN man handelt, die Person gut genug kennt. Manchmal weiß man, was die Personen brauchen, wenn man sie lang genug kennt. Wenn nicht, ist das ein sehr sehr minenlastiges Gebiet, wo man sich teils wirklich raushalten sollte. Es gilt: bittet die Person (in diese Fall fremd bzw. nicht genug vertraut) um Hilfe, helft, ansonsten bleibt in der Nähe, ruft Hilfe oder seid einfach nur "da". So doof, wie es klingt. Wenn man nicht direkt abgewiesen wird, ist es immer wichtig sich in der Nähe aufzuhalten, da man nie weiß, wie manche Personen reagieren. Zusammenbrüche sind nicht ausgeschlossen.
Alles in allem ist es immer sehr schwer zu sagen, was man am besten tut. Betroffene sind oft hilfloser, als die Beteiligte und müssen deshalb sehr vorsichtig behandelt werden, weil keine Ressourcen mehr da sind, das heißt, dass Aufregung einer Person den letzten Rest geben könnte und die Person könnte zusammenbrechen oder man macht die Situation einfach schlimmer.
Am wichtigsten ist Respekt und Akzeptanz, da Verständnis nicht gegeben ist, außer, man kennt es selber oder ist in diesem Bereich ausgebildet oder Fachperson.
Heutzutage ist es unmöglich psychischen Problemen zu entgehen. Ob als Betroffener oder als Beteiligter ist eine Sache, die ich an dieser Stelle nicht beantworten kann.
Es bilden sich Gruppen die für Akzeptanz von Minderheiten, sexuellen Orientierungen, Krankheiten oder politischen Gruppen kämpfen, doch die Existenz solcher Schwächen müssen von der Gesellschaft ebenso anerkannt werden und akzeptiert werden. Sie sind da, werden so schnell nicht verschwinden und ohne Unterstützung und Respekt wird es immer schwieriger eine tolerante Gesellschaft zu bilden, wenn der Ausschluss aufgrund von Missverständnissen in den eigenen Reihen beginnt.